DISSIDENTIN – Der Podcast für Dresden

Lohnsteigerungen in Dresden – Scheinfortschritt oder echte Verbesserung? Eine Analyse mit Tina Petzold und Volker Müller

Wahlplattform Dissident:innen DissDD

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Können Lohnsteigerungen wirklich das Leben der Dresdner verbessern, oder tanzen wir nur auf der Stelle? In unserer Diskussion entlarven Tina Petzold und Volker Müller von der Wahlplattform Dissident:innen, die bittere Wahrheit hinter den schillernden Schlagzeilen. Wir werfen einen kritischen Blick darauf, wie die jüngsten Lohnsteigerungen nicht unbedingt den erhofften Fortschritt für alle bedeuten, besonders wenn man bedenkt, dass viele in Dresden auf staatliche Zuschüsse angewiesen sind, um über die Runden zu kommen.

Die Situation der niedrig entlohnten Berufe steht im Fokus unserer Auseinandersetzung, wo wir Tricksereien im Arbeitsalltag und die Aushebelung des Mindestlohns sehen. Wir diskutieren die Bedeutung von Gewerkschaften und Tarifverträgen und stellen Überlegungen an, wie städtische Initiativen die Arbeitsbedingungen verbessern könnten. Lausche unserem Gespräch, in dem wir uns dafür aussprechen, dass echte Veränderungen nötig sind – weit über den stündlichen Lohn hinaus, um das Leben der Menschen in Dresden nachhaltig zu verbessern.

Alles über die Wahlplattform, einschl. Wahlprogramm finden Sie hier: https://www.dissidentinnen-dresden.de/

Speaker 1:

Disklaimer. Diese Sendung wird von Mitgliedern der Wahlplattform Dissidentin in Dresden gestaltet. Auch interviewende Personen sind Mitglieder der Wahlplattform Dissidentin in Dresden und zum Teil auch Kandidierende für kommunale Mandate in Dresden. Disklaimer Ende.

Speaker 2:

Mein Name ist Tina Petzold, Dissidentin, und du bist.

Speaker 1:

Der Volker auch von den Dissidenten.

Speaker 2:

Genau, und wir wollen heute ein bisschen über Lohnsteigerungen, gewerkschaften und was das so mit Dresden zu tun hat, reden. Es gab 2023 überdurchschnittliche Lohnsteigerungen. Was ist denn da dann überhaupt das Problem?

Speaker 1:

Das Problem ist tatsächlich nicht die Lohnsteigerung an sich, sondern dass wir von sehr weit unten kommen. Nicht die Lohnsteigerung an sich, sondern dass wir von sehr weit unten kommen. Diese große Lohnsteigerung, die da auch in Medien hinlänglich gefeiert wurde, ist einfach nur die Erhöhung des Mindestlohns, zumindest zum allergrößten Teil. Jetzt haben wir das Problem tatsächlich, dass über 20 Prozent der Dresdner Anspruch auf Ungeldzuschüsse haben.

Speaker 2:

Da ist also noch ein sehr weiter Weg zu gehen. Ja, gefeiert schon. Ich komme ja aus dem Fahrdienst, wie du weißt, und bei uns gab es ja nun diese super, tolle, große Errungenschaft von Verdi, dass wir jetzt das erste Mal zumindest annähernd so viel verdienen wie der Bundesdurchschnitt, was Fahrdienst angeht.

Speaker 1:

Kannst du da vielleicht eine Einordnung zu vornehmen? Na sagen wir mal so die Mindestlohnerhöhung, wie schon gesagt, die ist eigentlich was Positives. Aber wir haben halt zum Beispiel auch das Problem, dass da gerade in schlecht bezahlten Berufen, gastro oder auch im Einzelhandel sehr viel getrickst wird. Da heißt es dann immer ja, du kommst eine halbe Stunde früher, um noch eine Übergabe zu machen, und hinterher musst du natürlich auch aufräumen, denn nee, das ist keine Arbeitszeit. Dann schwuppst du und die Leute schon wieder unter Mindestlohn.

Speaker 2:

Gibt es da Möglichkeiten, dass man vielleicht von städtischer Seite auch gegensteuern kann, also dass die Leute in Tarife reinkommen, dass die Leute gewerkschaftlich organisiert sein können, einfach, dass man da so von städtischer Seite aus ein paar Ideen entwickeln könnte, was wir für die Menschen tun können?

Speaker 1:

Ja, das Problem ist ein bisschen, dass es kommt einem zumindest so vor, als wäre es so, die Gewerkschaften picken sich in neuen Bundesländern nur die Rosinen raus.

Speaker 2:

Da liest man dann was über Tesla, über Infineon, aber Also, wir haben die großen Sachen in den Medien, wir haben dort eine gewerkschaftliche Betreuung, und du siehst es halt so, oder vielmehr, wir auch als Dissidentin sehen das so, dass die Leute, die vielleicht eher prekär und unter Mindestlohn beschäftigt sind, keine Lobbyarbeit, gewerkschaftliche Arbeit für sich haben.

Speaker 1:

Genau, und wenn es dann doch mal zu einem Tarifabschluss kommt, dann ist es häufig so man hat eine zu niedrige Tarifquote, also es sind zu wenig Leute in der Gewerkschaft. entsprechend wenig Druck kann man zum Beispiel durch Arbeitsniederlegungen aufbauen, entsprechend schlecht ist das Ergebnis. Und da macht in meinen Augen die Gewerkschaft dann immer den Fehler. sie feiert das Ergebnis, als wäre das das Beste, was man erreichen konnte. Viel ehrlicher und wahrscheinlich auch besser wäre, es zuzugeben hey Leute, es ging nicht besser, Ihr müsst in die Gewerkschaften kommen, wir müssen Druck aufbauen. aber genau das passiert nicht, und das ist so ein Henne-Ei-Problem. Niedrige Tarifquote hat man, weil man zu wenig Leute in der Gewerkschaft hat, und gleichzeitig kriegt man dadurch aber schlechte Abschlüsse, und die Leute sind enttäuscht von der Gewerkschaft und treten erst recht nicht ein. Das muss ein bisschen aufgedröselt werden.

Speaker 2:

Also, ich bin auch Gewerkschaftsmitglied, so wie du wahrscheinlich auch, und ich sehe es ja bei uns im Betrieb auch ganz oft so, wenn es dann wirklich zu einer Urabstimmung kommen soll, dass dann viele ihre Ja-Aber-Bedenken haben und denken, dass sie die Urabstimmung nicht für einen Streik nicht durchkriegen würden, wenn es jetzt in die nächste Runde geht, dass man da dran bleibt Oder eben auch, dass ganz viele Streikbrecherinnen unterwegs sind. Da würde ich mir tatsächlich wünschen, so ein Vorbild auch zu gucken. Wie sieht es in anderen großen Städten aus, wo halt Gewerkschaften schon seit vielen Jahrzehnten da sind und auch genutzt werden, um diesen Druck aufzubauen? Aber das fehlt tatsächlich, denke ich. Ich wollte dich da nur nochmal bekräftigen Was können wir denn in der Stadt verändern? Was können wir machen mit Unternehmen, die sich hier ansiedeln wollen, damit wir dort gute Bedingungen für Leute schaffen können? Was wäre da eine Idee? Hast du da eine?

Speaker 1:

Da haben wir eine. Einige werden es wahrscheinlich mitgekriegt haben, das ging vor einiger Zeit durch die Medien. Es kam jetzt für Sachsen tatsächlich doch noch ein Vergabegesetz, wo drauf geguckt wird, dass Aufträge, die der Freistaat vergibt, dass da bestimmte Standards eingehalten werden, zum Beispiel eben, dass nach Tarif bezahlt wird. So etwas Ähnliches gibt es für Dresden auch. Das wollen wir aber gerne noch ein bisschen weiterführen. Wir wollen nicht nur, dass die Angestellten der Stadt nach Tarif bezahlt werden, wir wollen das ausweiten, auch auf die Betriebe der Stadt und deren Subunternehmer. Da haben wir zum Beispiel bei der DVD eine ganz interessante Konstellation.

Speaker 2:

Stimmt's Dina, die DVB ist das aber alles gut. Also, wir haben dort einige ausgelagerte Tochterunternehmen, nämlich die DVS, die Dresdner Servicegesellschaft, die fährt Buslinien, bahnen und Entschuldigung, buslinien und zum Beispiel die Fähren Und Tätertours, die auch Reisedienste mit anbieten, und die haben entweder einen Haustarifvertrag oder sie verhandeln gesondert im Regionalbereich, wo jetzt ja gerade auch die Tarifverhandlungen wieder stattfinden. Und das ist halt auch für Fahrgäste oder die Bevölkerung manchmal schwer zu verstehen. Wieso streiken die denn schon wieder? Nein, auf der einen Seite gibt es die DVB, die streiken, die überlegen sich welche Tarife und anschließend welchen Mantel.

Speaker 2:

Und dann gibt es natürlich eben auch die DVS, die ihre Rechte gerne durchsetzen möchte und die vielleicht auch ein Stück weit von diesem Lohnerhöhungsniveau profitieren wollen. Und das fehlt da ein Verständnis auch in der Stadtgesellschaft dafür zu schaffen, dass diese Menschen nicht nur bei den Rentnerinnen in der Stadt deren Rente mitfinanzieren, sondern dass sie eben auch die Chance haben möchten, ohne aufstocken zu können leben wollen. Ich denke bei der DVB zum Beispiel an das große Thema Altersteilzeit, was eben nicht zum Abschluss gekommen ist, jetzt im Mantel. Das ist sehr, sehr schade, und das ist eine städtische Firma.

Speaker 1:

Und es gibt eine Menge städtische Firmen und eine Menge städtische Aufträge. Das unterschätzt man leicht. Aber die Landschaftspfleger, die bei uns unterwegs sind, die Müllabfuhr, die bei uns unterwegs sind, das sind alles Irgendwie von der Stadtbeauftragte, und da wollen wir darauf hinwirken, dass die Stadt künftig wirklich darauf achtet, dass auch die Subunternehmer tariftreu sind. Wenn Bauaufträge vergeben wären, dann wird sicherlich das beauftragte Ingenieurbüro ganz ordentlich zahlen, aber die prekär Beschäftigten aus um jetzt mal das Klischee zu bedienen aus Rumänien ja, ob die Mindestlohn kriegen, da habe ich meine Zweifel, und da ist die Stadt gefragt, und es hätte vor allen Dingen den Vorteil, wenn sich das durchsetzt und alles, was die Stadt macht, nach Tarif bezahlt wird, dann wird das einen gewissen Sog auf die Privatwirtschaft ausüben, weil die dann plötzlich keine schlecht bezahlten Leute mehr kriegen, weil die lieber für die Stadt arbeiten.

Speaker 2:

Und weil auf einmal ganz viele Leute auch kommen. Ich denke jetzt an die Gastro. Die suchen angeblich immer händeringend Menschen, aber keiner will dort arbeiten. Warum möchte denn keiner dort arbeiten? Ich meine, Dresden ist eine Touristinnenstadt, Also sollten da auch ganz, ganz viele Leute gut bezahlt diese Menschen umsorgen können. Und das fehlt völlig. Da fehlt auch ein Auge, dass man von außen auf die Gastrobranche wirft und sagt zahlt eure Leute vernünftig, Und dann habt ihr auch die Chance, gute Menschen zu finden die lange bei euch im Betrieb bleiben, und damit die Stadt da künftig wirklich drauf achtet, solltet ihr bei Gelegenheit, nämlich am 9.6., die Dissidentin wählen.

Speaker 2:

Bitte unbedingt. Vielen Dank.

Speaker 1:

Danke dir, Tina.

Speaker 2:

Danke dir, Volker.

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